Mit Ausnahme einiger Premium-Rotweine hat die Lauffener Weingärtner eG inzwischen die hervorragenden Weiß- und Rotweine des ausgezeichneten Jahrgangs 2018 aus Lauffen und Mundelsheim in die Flaschen gefüllt.
Die Weingärtner des Innovationsführers unter den württembergischen Weingenossenschaften sind derzeit in der heißen Phase, wenige Wochen vor der Lese des diesjährigen Jahrgangs, in ihren Weinbergen beschäftigt. Wir sprachen mit Michael Böhm, dem verantwortlichen Kellermeister für die Lauffener und Mundelsheimer Weine, über den Premium-Jahrgang 2018.
Kann das Weinjahr 2018 als „Jahr der Extreme“ bezeichnet werden? Warum?
Michael Böhm: Das Weinjahr 2018 kann ganz sicher als Extremjahr bezeichnet werden. Solch eine extreme Trockenphase während der Vegetationsperiode sind die letzten Jahre nicht da gewesen.
Ist 2018 mit dem Extremjahr 2003 vergleichbar? Oder welche Unterschiede gab es?
In gewisser Weise sind die zwei Jahrgänge vergleichbar, wobei 2018 mehr Menge und noch gesündere Trauben hervorbrachte als 2013. Das Lesegut war so gesund wie noch nie.
Waren Bewässerung und Pflanzenschutz ein Problem? Gab es Unterschiede zwischen Steillagen und normalen Lagen? Zwischen Lauffen und Mundelsheim?
Pflanzenschutz war im Jahr 2018 kein Problem; durch die anhaltende Trockenheit gab es keinen Druck von pilzlichen Krankheitserregern (Mehltau usw.). Bewässerung in den Steillagen ist sowohl in Lauffen wie auch in Mundelsheim möglich und wurde auch angewendet. In Lauffen wurde auch ein Großteil der Normallagen bewässert, was in Mundelsheim nicht möglich war (Anlagen nicht ausgerüstet).
Hatten wir aufgrund des Wetters 2018 eine sehr kurze Vegetationsphase und geriet dies zum Nachteil? Wie war die Traubenqualität?
Die Traubenqualität war so gut wie selten. Wir hatten durch die Witterung extrem viele Sonnenscheinstunden, was für die Ausreifung der Beeren sehr förderlich war und die Traubenreife sehr schnell vorantreiben lies.
Auf Fotos waren hauptsächlich große Weinbeeren zu sehen. Ist die Größe ausschlaggebend für Geschmack und Qualität?
Die Größe ist sicher ausschlaggebend für den Geschmack, aber ich würde nicht behaupten, dass die Trauben 2018 extrem groß waren. Im Gegenteil: Gegen Ende des Herbstes sind die Beeren eher zusammengeschrumpelt (ausgetrocknet), was zu hohen Mostgewichten und hohen Gehalten an Inhaltsstoffen führte, da das Wasser aus den Beeren verdunstete.
In 2018 begann die Lese früh. Wann startete sie in Lauffen und Mundelsheim und wann endete sie? Wie war die Lesefolge nach Rebsorten?
Die Lese startete am 1. September (frühester Lesebeginn in der Geschichte der WG), nochmals acht Tage vor dem Lesestart 2017. Der Letzte Hauptlesetag war der 5. Oktober. Die Lesefolge war nicht verändert zu den anderen Jahren, jedoch war die Abwicklung der Lese entspannter als sonst, da die Witterung und somit auch der Reifezustand der Trauben sich nicht veränderten und keine Fäulnis einsetzte.
Welche Sorten entwickelten sich 2018 überdurchschnittlich (nach Ertrag und Qualität)?
Überdurchschnittlich entwickelten sich die weißen und roten Burgundersorten (Mostgewichte fast alle im dreistelligen, also Spätlese-Bereich, bei normalen Erträgen).
War es auch ein bisschen Lotterie, den idealen Lese-Zeitpunkt zu finden? Wie kann man überhaupt feststellen, wann der beste Zeitpunkt ist (Optik, Probieren, Bauchgefühl)?
Es ist jedes Jahr ein Lotteriespiel, den optimalen Lesezeitpunkt zu erwischen. Wobei 2018 die Gefahr darin bestand, insbesondere bei den weißen Sorten, dass das Mostgewicht zu hoch wurde, wodurch die Säure und die Spritzigkeit verloren gehen kann.
Wie steht es um Frische und Säure des 2018er? Gab es ähnliche Gefahren wie 2003, als z.B. Weißweine aufgrund der fehlenden Säure nicht lange haltbar waren?
Wie schon oben beschrieben, haben wir versucht, den Spagat zwischen Reife (hohem Mostgewicht) und Säureerhaltung zu meistern.
Gab es in der Verarbeitung besondere Herausforderungen, um Komplexität und Tiefe der Weine zu sichern?
Die Verarbeitung stellte durch den hohen Reifegrad der Trauben keine besonderen Herausforderungen. Die einzige Herausforderung war das Säuremanagement. Die Gärung verlief problemlos und zügig.
Wie beurteilen Sie die Qualität der weißen Sorten und wie die Qualität der Roten?
Die weißen Sorten bestechen durch körpereiche, extraktintensive Weine mit lang anhaltendem Abgang (dies teilweise zulasten der gewohnten Fruchtigkeit /Ausnahme hier der Riesling). Die Roten sind geprägt von Dichte, Fülle und langem Abgang; hier ist die Fruchtigkeit aus heutiger Sicht intensiv und eher in die internationale Richtung gehend.
Der 2018er ist schon weitgehend auf der Flasche und im Handel. Was fällt auf?
Prägend für den einzigartigen Jahrgang sind die intensiven Farbkomplexe der blanc de noirs und auch der Grauburgunder-Weine, herrührend durch die extreme Ausreifung der Beeren und den hohen Gehalt an Farbvorstufen in der Beerenhaut.
Toppt der 2018er den guten Jahrgang 2017? Was ist anders?
Ja und Nein. Der 2017er ist geprägt von gebietstypischen Weinen mit hohen Extraktwerten durch den niederen Ertrag. Beim 2018er sind die Anlagen wie beim 2017er, aber durch die hohen Mostgewichte 2018 geht der Weintyp eher in die internationalere Richtung. In der Einzelbetrachtung ist der Riesling der Sieger des 2018er Jahrgangs. Auch die anderen weißen Sorten haben eine gute Fruchtausprägung, einen volumenreichen Köper und langen Abgang. Die Roten sind extrem körperreich und haben viel Potenzial, sind mächtig und mit einer tollen Frucht.
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